Mittwoch, 3. Februar 2016

Gehasst, verdammt, vergöttert

Sie heißen Wanderstöcke, Trekkingstöcke, Nordic-Walking-Stöcke oder auch Teleskopstöcke und sind weit verbreitet.
Die einen schwören drauf, die anderen hassen sie.
Ob Wanderstöcke wirklich gesund sind oder doch nur einer Mode-Erscheinung der Industrie entsprechen, wird sehr unterschiedlich diskutiert.

1974 brachte die Firma Leki die ersten Teleskopstöcke für Bergsteiger heraus.

Das Wort "Leki" kommt nicht aus Finnland, wie viele Wanderfreunde vermuten, sondern ist die Abkürzung von Lenhart und Kirchheim, denn der Firmensitz der Lenhart GmbH befindet sich im baden-württbemergischen Kirchheim unter Teck nahe Stuttgart.

Es gibt sie in verschiedenen Varianten. Man hat die Wahl zwischen Modellen mit und ohne Dämpfungssystem und auch faltbare Stöcke sind erhältlich, die platzsparend im Rucksack verstaut werden können.

Als Material wird heute meist Aluminium verwendet, seltener auch Verbundmaterialien wie Carbon, das zwar steifer und leichter, aber teilweise empfindlicher ist.
Metalle ertragen Belastungen in allen Richtungen ungefähr gleich gut.
Carbon hingegen ist ein kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff und erträgt Belastungen in Faserrichtung deutlich besser als quer dazu. Obwohl es außerordentlich zugfest ist, mag es punktuelle Druckbelastung gar nicht. So kann Carbon, wenn es gegen einen Stein schlägt, schon beschädigt sein.
Stöcke aus Carbon haben zudem den "Nachteil", dass sie im Extremfall nicht verbiegen sondern gleich brechen.
Wer das Nachschwingen/Vibrieren der Stöcke, welches bei allen Alu-Modellen mehr oder weniger stark auftritt, nach dem Aufsetzen nicht mag, ist mit Carbon grundsätzlich besser bedient.


Wie so viele Ausrüstungsgegenstände haben die Stöcke Vor- und Nachteile.

Vorteile:
Beim Aufstieg kann man sich hochdrücken oder an ihnen hochziehen, was einen Teil des Kraftaufwandes von den Beinen auf die Arme verlagert. Das steigert die Ausdauer.

Beim Abstieg entlasten sie die Beine, und damit die Kniegelenke. Dies ist besonders wertvoll bei langen Abstiegen, und/oder Abstiegen mit schwerem Rucksack.

Für Leute mit Knieproblemen sind Wanderstöcke sehr hilfreich!

Nachteile:

Das größte Problem bei der Nutzung von Trekkingstöcken ist, dass man "richtiges" Gehen verlernt. Das heißt, man verliert an Trittsicherheit und der Gleichgewichtssinn wird nicht geübt. Das alles resultiert in einer wachsenden Unsicherheit in schwierigem Gelände, falls die Stöcke mal nicht dabei sind.

Bei unsauberem Einsatz kann auch die Gehtechnik darunter leiden.

Bei Stürzen verhindern Stöcke oft ein gutes Abfangen.


Wanderstöcke sind bei Alpin- oder Mittelgebirgswanderungen eine große Erleichterung für den gesamten Bewegungsapparat. Besonders die Knie werden durch sie erheblich entlastet. Nach Berechnungen des TÜV Süd müssen die Kniegelenke während einer dreistündigen Wanderung rund eine Tonne weniger Gewicht abfedern, wenn Wanderstöcke verwendet werden.
Dazu müssen allerdings die Stöcke zur jeweiligen Aktivität passen, auf die richtige Länge eingestellt sein und man sollte die entsprechende Technik beherrschen, denn sonst zahlen Rücken und Gelenke die Rechnung.

In der Ebene sollten die Stöcke so lang eingestellt sein, dass Ober- und Unterarm im Winkel von 90 Grad zueinander stehen, wenn man die Griffe umfasst und aufrecht steht.

Die Griffschlaufen garantieren nur dann perfekten Kraftschluss, wenn man sie richtig einsetzt. Die Hände führt man von unten durch die Schlaufen, die zwei Enden laufen in der Handfläche zum Stock. Man legt die Daumen über die Schlaufenbänder und umfasst die Griffe.

Bei manchen asymmetrischen Modellen geben ein "L" und ein "R" vor, an welche Hand welche Schlaufe gehört.

Tja, braucht man sie nun oder nicht?

Meistens sind gar keine Stöcke nötig. Auf glattgebügelten Premiumwanderwegen sowieso nie und selbst bei Mittelgebirgswanderungen nur selten.
Man sollte die Stöcke nicht immer nutzen, sondern genau überlegen, ob man sie wirklich für eine kleine Halbtagestour braucht.
Gerade diejenigen, die jung und fit sind, sollten möglichst oft die Finger von Trekkingstöcken lassen.

Leki Khumbu AS.
Antischock Dämpfung und leichte
Rohre aus hochfestem Aluminium.
Ein absoluter Alleskönner.

Bei Gruppenwanderungen hört man oft statt dem Rauschen der Bäume und dem Zwitschern der Vögel das ständige klackern, das entsteht, wenn die Hartmetallspitze (meist Wolframcarbid oder Widia-Stahl) mit Asphalt in Berührung kommt.
Vielen scheint es entgangen zu sein, dass es für den Einsatz auf Asphalt spezielle Gummiaufsätze gibt, die neben der Spitze auch noch die Nerven schonen.
Wobei das nervige Geräusch meist proportional zur zurückgelegten Strecke abnimmt, denn immer mehr Wanderer empfinden ihre Stöcke irgendwann selbst als störend und haben genug von der Klangtherapie. Wie sonst lässt es sich erklären, dass die geliebten Ausrüstungsgegenstände entweder unter den Arm geklemmt oder in der Hand gehalten werden? Dann jedenfalls sollte man auf Henriette Rekers Rat hören und nicht nur in Köln "eine Armlänge Abstand halten", wenn man durch die sich im Takt der Schritte nach hinten oben bewegenden Spitzen kein Auge verlieren möchte.


Es ist auch immer wieder amüsant, mit anzusehen, wie anfangs die Stöcke zu weit vor den Körper gesetzt werden, nach einigen Kilometern dann nur noch daneben, bevor sie letztlich im Endstadium der Ermüdung über den Boden schleifen.

Hier fällt mir die lustige Schlagzeile auf der Homepage "Der Postillon" ein, die da lautet: "Stock abgebrochen: Mann walkt tagelang nordic im Kreis."
Hier der ganze Bericht:

Todesfalle Nordic Walking

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