Sonntag, 18. Oktober 2020

Am Katzentisch

Samstag, 17. Oktober 2020:
Am Katzentisch

Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz.
Ich war müde und hungrig von der Wanderung auf dem Malerweg.
Also betrat ich das erstbeste Restaurant.
Ein gemütlicher Raum, Kerzenlicht, eine gute Wahl, wie ich fand.
Die Bedienung führte mich an den letzten freien Platz.

Erst als ich mich gesetzt hatte, bemerkte ich den Fehler.
Links von mir saß ein Pärchen, Händchen haltend.
Rechts von mir saß ein zweites Pärchen, sich in die Augen blickend.
Der freie Tisch dazwischen hatte die Intimsphäre der beiden Paare gewahrt.
Nun saß ich dort, stumm, ohne Gegenüber.

Die Pärchen hatten sicher das Gefühl, dass ich lauschte, was ich ja auch zwangsläufig tat. Es war mir etwas unangenehm.
Vielleicht hätte ich wieder aufstehen sollen, vielleicht hätte ein lustiger Spruch die Situation gerettet.
Ich schaute im Raum umher und beschäftigte mich mit einer Zeitung.
Meine Tischnachbarn hatten es einfacher, sie konnte einander vielsagende Blicke zuwerfen.

Alleine gehe ich lieber nur noch spätabends ins Restaurant, wenn die meisten anderen schon wieder weg sind.
Die Atmosphäre ist oft sogar schöner. Die Kellner kommen zur Ruhe, haben Zeit für einen Plausch.

In Österreich setzte sich einmal ein Wirt zu mir an den Tisch, schenkte Obstbrand ein und erzählte von seinem Gasthaus, das er in der vierten Generation führt.
Ein anderes Mal war die Küche eines tiroler Gasthauses schon geschlossen, doch die Inhaberin schmierte mir Brote, die ich bei ihr an der Theke essen durfte, während sie mir den Tratsch aus dem Dorf erzählte.

Beide nahmen sich meiner an, weil sie glaubten, dass ich einsam war. Dabei war ich doch nur allein.

Montag, 27. Juli 2020

Bargeldabschaffung: Das Ende unserer Freiheit?

Montag, 27. Juli 2020:
Bargeldabschaffung: Das Ende unserer Freiheit?

Heute bin ich im Internet auf eine Umfrage zum Thema „Wie wichtig ist Ihnen Bargeld?“ gestoßen.

Genau ein Drittel, 33% der Befragten, gaben als Antwort „Wenig, könnte gut darauf verzichten“

Dann die Kommentare der Befürworter:
„Kein Warten mehr an der Kasse, kein nerviges Geld zählen - man müsste nur endlich das Bargeld abschaffen.
Stellt Euch vor: keine Münzen, keine Scheine, keine Sanifairbons.“

Die Gegner argumentieren:
„Bargeld ist unsere letzte Freiheit, die wir noch haben.“

„Nur bares ist wahres. Nur bares kann ich verschenken und ausgeben ohne dass es jemand nachvollziehen kann.
Und es funktioniert auch bei Technik-Versagen.“

Die Corona-Pandemie befeuert die Diskussion um die Abschaffung des Bargeldes derzeit noch weiter.

Dirk Müller, deutscher Börsenmakler, Manager und Buchautor hat zu diesem Thema ein paar interessante Sätze parat:

„Das Bargeld ist geprägte Freiheit“. Dieser Spruch stimmt für mich voll und ganz.

Es gibt dir nicht nur die Freiheit, zu kaufen, sondern eben auch anonym zu kaufen.

Nehmen wir mal die Situation an: Wir haben kein Bargeld mehr, sondern nur noch elektronisches Geld.

Ich glaube, wir können uns diese Naivität, die die Crypto-Jünger am Anfang hatten und meinten, es sei eine anonyme Währung, abschminken.
Völliger Unsinn. Es wird niemals anonym sein können.
Währungen sind mächtiger als Armeen und man wird es nicht einfach anonymisiert lassen, denn der Sinn der digitalen Währung ist es ja gerade, Kontrolle auszuüben.
Ansonsten würden ja z.B. die Argumente gegen Geldwäsche gar nicht mehr greifen.

Es wird selbstverständlich eine rein digitale Währung geben, die vollständig überwacht wird.
Das heißt, man wird vom ersten Lutscher bis zum Sarg alles nachvollziehen können, was ihr gekauft habt – und das unveränderlich.

Die Konsequenz ist erst Mal: „Na gut, jetzt wissen die alles über mich“.
Das wird den meisten noch egal sein.
„Ja und, sollen sie es eben wissen, dann wird die Werbung besser auf mich ausgerichtet, ist doch in Ordnung“, höre ich einige sagen.

Jetzt gehen wir mal davon aus, dass wir nicht wissen, wie sich die politische Lage in 10 oder 15 Jahren entwickelt hat.
Lassen wir mal eine totalitäre Regierung an die Macht kommen und ihr wollt euch mit Demonstrationen dagegen wehren.

Dann heißt es ganz schnell: „Du, du und du… was ihr hier macht, gefällt uns gar nicht.
Du darfst jetzt nicht mehr reisen. Keine Flug- und Bahntickets mehr und nur noch für 20 Euro Sprit im Monat.“

Für alles andere ist dein Geld gesperrt.

Oder wenn du ein ganz böser Dissident bist, der die Regierung ärgert… „KLICK, du kaufst überhaupt nichts mehr.“

Dein Konto, deine digitale Währung ist gesperrt. Du kannst mit nichts anderem bezahlen. Du kaufst dir nicht mal mehr ein Brötchen. Keine Zeitung und kein Kaugummi… du bist raus aus dem Spiel und kannst unter der Brücke leben.

Du hast mit Bargeld die Möglichkeit, anonym zu kaufen, weil niemand weiß, wer du bist.
Du legst einen Geldschein auf den Tisch und wirst bedient - jeder wird gleich bedient, das ist ein Gleichheitsgrundsatz.

Wenn das nicht mehr gegeben ist, haben wir die Gefahr einer massiven totalitären Diktatur über die Bevölkerung, gegen die sich niemand wehren kann.

Jetzt kombiniert mal Auszahlung von Geld über bedingtes Grundeinkommen mit einem chinesischen Sozialpunktesystem, dann wisst ihr, wie völlige Überwachung und Steuerung einer Gesellschaft aussehen.

Schön auch dargestellt im Film „Der Staatsfeind Nr. 1“

Wer sich da noch stark macht für Bargeldabschaffung, weil es so schön bequem und hygienisch ist, der hat nicht mehr alle Latten am Zaun.

Samstag, 22. Februar 2020

Als der Krieg nach Idar-Oberstein kam

Samstag, 22. Februar 2020:
Heute vor 75 Jahren, am 22. Februar 1945, es ist ein Donnerstag, wird ein Luftangriff auf den Idar-Obersteiner Stadtteil Idar geflogen, der 32 Menschen das Leben kostet, darunter auch Kinder.
An diesem Vormittag, es ist herrliches Wetter, kommen amerikanische Jagdbomber im Tiefflug von Westen über Algenrodt und werfen etwa 70 Bomben ab.
Ziel des Angriffes ist die Marktschule. Wahrscheinlich, weil dort ein Munitionslager vermutet wird.
Andere Stimmen behaupten, das rote Backsteingebäude sei mit einer Kaserne verwechselt worden.
Warum einige Bomben zu spät ausgeklinkt werden, bleibt wohl unklar. Möglicherweise, weil das im Tal liegende Zielgebäude von den Piloten der Fliegerstaffel zu spät erkannt wird.
So kommt es, dass 17 Häuser in der Kobach-, Schachen-, Kies- und Goethestraße völlig zerstört werden, wie einem Bericht der Nahe-Zeitung zu entnehmen ist.
Das Haus in der Goethestraße 38, in dem meine Großeltern wohnen und in dem mein Großvater eine Schreinerei eingerichtet hat, wird nur knapp von einer der rund 70 Bomben, die insgesamt auf Idar gefallen sind, verfehlt und schlägt im darüber liegenden Wohnhaus in der Kiesstraße ein.


Zum Vergrößern anklicken:
Stummer Zeitzeuge: Spuren des Zweiten Weltkrieges.
Geschoss-Einschlag an der Nahebrücke
zwischen Idar-Oberstein und Kirn-Sulzbach
In Oberstein werden in den folgenden Tagen der Bahnhof, die Hohlschule (die sich in der späteren Hohlkaserne befand), einige Häuser in der Hasbach, die Hindenburgbrücke am Bahnhof (heute Wilhelm-Leuschner-Brücke) sowie das Eisenbahnviadukt am "Gefallenen Felsen" bombardiert.

Bereits bei den ersten beiden Angriffen auf Idar am 11.10.1944 und 23.01.1945 gab es Tote zu beklagen.
Insgesamt blieb Idar-Oberstein weitgehend von Bombenangriffen verschont, obwohl gerade in Oberstein kriegsrelevante Industrie angesiedelt war.

Nach dem Bericht der Nahe-Zeitung vom 22.02.2015 sah der damalige Bürgermeister Ludwig Bergér dafür drei Hauptursachen: Zunächst einmal machte die topografische Situation Angriffe schwierig, zudem hätten sich die Amerikaner schon frühzeitig Klotzberg- und Straßburgkaserne als künftige Unterkunft ausgesucht, und zum Dritten habe er darauf geachtet, dass sich Idar-Oberstein nach außen immer nur als Schmuck- und Edelsteinstadt präsentierte und nicht als Hersteller von Rüstungsgütern.