Sonntag, 27. Dezember 2015:
Nach
stressfreien, erholsamen und gemütlichen Weihnachtstagen ist es endlich so weit.
Ein ganzes Jahr freue ich mich auf diesen Tag. Ja, manchmal machen einfache Dinge im Leben glücklich.
Ein ganzes Jahr freue ich mich auf diesen Tag. Ja, manchmal machen einfache Dinge im Leben glücklich.
Eine Stunde
früher als sonst treffen wir uns im Tiefensteiner Staden.
Vorsichtshalber
schmiere ich mir zwei Brote und packe sie in den Rucksack – eins mit Käse und
etwas Ketchup, das andere mit Wildschwein-Leberwurst.
Von Idar
aus gehe ich gemütlich durch den Rödgesberg Richtung Weiherschleife.
Angenehme
acht Grad sind es um acht Uhr. Wahrscheinlich wird sich die Temperatur im Laufe
des Tages aber nicht proportional zur Uhrzeit verändern.
War schon
der November außergewöhnlich warm, so ändert sich also nichts an den für diese
Jahreszeit viel zu milden Temperaturen, die teilweise auch im Dezember in den
frühlingshaften Bereich angestiegen sind.
Schaut man
auf den aktuellen Temperaturmittelwert der bereits vergangenen Dezember-Tage,
so wird schnell klar, dass der Dezember sich in eine ganze Reihe von zu warmen
Monaten in 2015 einreihen wird.
Unterwegs
schließen sich noch zwei Wanderhungrige an. Wenig später treffen wir an der
Stadenhalle auf den vorläufigen Rest der Truppe. Kurz nach 09:00 Uhr starten wir bei gutem Wetter, um an
den „Bündelchestag“ zu erinnern.
Der
''Bündelstag'' (auch: ''Bündelchestag'', auf Hunsrückisch:
''Bindelschesdaach'') war im späten Mittelalter der Tag des
Dienstbotenwechsels. An den Weihnachtsfeiertagen erhielten die Mägde und
Knechte ihren Jahreslohn ausbezahlt.
Diejenigen,
die von ihrem Dienstherrn nicht über den Winter versorgt wurden, mussten ihre
armselige Habe in ein Stück Stoff zum Bündel schnüren, denn Tücher konnten sie
sich nicht leisten.
Alternativ
legten sie ihr Zeug in einen Weidenkorb und machten sich auf die Suche nach
einer neuen Anstellung. In der ungemütlichen und kalten Jahreszeit endeten
diese Wanderungen meistens recht schnell in einem nahe gelegenen Gasthaus.
Im Nahetal,
in der Nordpfalz und im Soonwald finden am Bündelstag noch heute traditionell
Wanderungen statt, mit anschließendem Picknick am Lagerfeuer im Freien oder
einer Einkehr in einem Wirtshaus.
An der Kreuzbuche |
Der
Bündelchestag gilt dort als dritter Weihnachtsfeiertag und wird nach der
Wanderung in geselliger Runde gerne ausgiebig gefeiert.
Wir lassen
den Ortsteil „Auf der Lüh“ links liegen und kommen nach Herborn. Am Ortsausgang
weht uns auf freiem Feld der Wind um die Ohren. Im Schutz des Waldes gehen wir
dann hoch zur „Kreuzbuche“, wo schon zwei Helfer der Herborner Feuerwehr auf
die Meute des heutigen Tages warten. Kaltes KIRNER Bier, warmer Glühwein und
Würstchen gibt es hier wie jedes Jahr, darauf ist Verlass. Obwohl es aussieht,
als seien wir die erste Gruppe, waren schon zwei ältere Damen vor uns hier.
Wir
bestellen sieben Bier und sieben Mettwürste – eine kluge Entscheidung, denn die
erste Packung ist wohl noch ein Restbestand. Ich kann mich nicht erinnern, wann
ich das letzte Mal eine so wohlschmeckende Wurst gegessen habe. Schon optisch
wirkt sie außergewöhnlich, denn sie ist schön dunkel und Gewürze schimmern
durch die Pelle. Die Konsistenz ist etwas grober als gewöhnlich. Schnell sind
meine Brote im Rucksack vergessen und ich kaufe noch eine zweite, so lange es
noch welche gibt. Denn schon ist die zweite Gruppe da und sorgt dafür, dass
sich das Rost schnell leert.
Nationalpark Hunsrück-Hochwald |
In den
Jahren 2010 und 2014 hatten wir schöne Wanderungen im Schnee. Richtung
Wildenburg waren wir die ersten, die mit ihren Stiefeln Spuren im Schnee
hinterließen. Teilweise bis zu 35 Zentimeter versank man in der weißen Pracht,
die das Vorwärtskommen erschwerte. Heute ist daran nicht zu denken, der Boden
ist nass und aufgeweicht.
Wir müssen
weiter, wenn wir unser gestecktes Ziel erreichen möchten. Obwohl die Wildenburg
wieder geöffnet ist, halten wir uns rechts. Durch den östlichen Ausläufer des
Nationalparks Hunsrück-Hochwald wandern wir am Wildenburger Kopf vorbei nach
Kempfeld. Der Biker-Pub „Black Bear“ ist unser Ziel. So früh ist auch hier noch
nicht so viel Betrieb.
Die angebotene
Rinderbrühe mit Hackfleischklößchen brauchen wir heute nicht, und so bestellen
wir nur eine Runde Bier.
Letztes
Jahr sind wir von hier aus ins Tal nach Katzenloch, doch da wir heute eine
Stunde früher unterwegs sind, erweitern wir die Runde um zwei schöne Dörfer.
Zwischen Bruchweiler und Katzenloch |
Erweitert
hat sich auch unsere Gruppe um eine Person. Sechs Grad sind es noch, als wir
den Weg Richtung Schauren einschlagen.
Das
Gasthaus Zuck war die letzten Jahre eine feste Anlaufstelle, denn hier saß man
gemütlich an der Theke, bekam leckere, eingelegte Heringe, KIRNER Bier und
guten Schnaps. Heute ist an der Theke niemand erwünscht und so setzen
wir uns brav an einen der Tische. Heringe gibt es auch nicht, nur die normale
Speisekarte. Na ja, dann eben eine Runde Bier.
Bis
Bruchweiler ist es nicht mehr weit, deshalb findet man uns bald im Tankstübchen
am Hochwald, wo noch ein befreundetes Paar zu uns stößt.
Kaum haben
wir die letzten Häuser hinter uns gelassen, müssen wir uns über einen
matschigen Feldweg kämpfen. Über Teile der Traumschleife „Köhlerpfad am
Steinbach“ wandern wir nach Katzenloch.
Eine
Einkehr im Treff am Wasserfall ist leider nicht möglich, denn der alte Stall,
in dem wir letztes Jahr gemütlich saßen, hat diesmal über Winter geschlossen.
Köhlerpfad am Steinbach (Saar-Hunsrück-Steig) |
Wir können
jetzt zwischen zwei Varianten wählen. Eine führt links über den Hohenfels und
die Rosselhalde ins Tal bis zur Bundesstraße. Dann müssen wir den Berg auf der
anderen Seite wieder hoch bis zum Bärloch.
Die
Entscheidung fällt auf die etwas entschärfte Variante. Durch den Wald gehen wir
auf einem dicht mit nassen Blättern bedeckten Weg bis zum Bärloch. Hier bleiben
wir kurz stehen und schauen ins Tal. Langsam wird es dunkel und so nehmen wir
den letzten Anstieg Richtung Kirschweiler Festung in Angriff, der uns bis zum
Sportlerheim Kirschweiler bringt.
Hier habe
ich uns einen Tisch bestellt. Genau 17
Uhr, damit sind wir sogar sehr pünktlich – mehr Zufall als Planung.
Wir Männer
haben jetzt auch Gefühle… zum Beispiel Hunger und Durst.
Ich
bestelle ein Schweizer Schnitzel mit Pommes Frites und Salat. Eine gute Wahl, obwohl
meine neidischen Blicke zwei Plätze nach links schweifen, wo eine Portion Rehpfeffer
mit Klößen und Rotkohl steht - inklusive Nachschlag von der Köchin persönlich.
Gut
gesättigt treten wir raus in die Dunkelheit und hinterlassen die feuchte
Erde aus unseren Schuhen unter den beiden Tischen. Na ja, dafür gab es ja
Trinkgeld. Taschenlampen haben wir im Gepäck, brauchen sie aber nicht, denn die
Augen haben sich schnell an die Dunkelheit gewöhnt und das, obwohl der Mond
noch nicht am Himmel zu sehen ist.
Vorbei am Golfplatz
Kirschweiler geht es über die Höhe nach Hettenrodt.
Beim Hundeverein brennt Licht, wir möchten allerdings weiter. Noch ein kleiner Anstieg am Ortsausgang Richtung Mackenrodt, dann links zur Silver-Ranch.
Beim Hundeverein brennt Licht, wir möchten allerdings weiter. Noch ein kleiner Anstieg am Ortsausgang Richtung Mackenrodt, dann links zur Silver-Ranch.
Luna beleuchtet die Silver-Ranch |
Hier ist im
wahrsten Sinne des Wortes „Tag der offenen Tür“, denn Zigarettenqualm und die
wohlige Wärme des Holzofens scheint zu viel des Guten. KIRNER Stubbi kostet
hier nur 1 Euro. Wir genießen es draußen im Freien. Erinnerungen an früher, als
wir hier viel Zeit verbrachten, werden wach. Dafür sorgen auch die bekannten Rock-Klassiker.
Mittlerweile
zeigt sich der Mond am Himmel. Erst ein kleines Stück, dann in fast voller
Größe – vor zwei Tagen war Vollmond. Glühend orange
liefert er ein tolles Motiv für einen Schnappschuss.
Nach einer
zweiten Runde Bier machen wir uns auf die letzte Etappe. Kürzer wäre für mich
der Weg durch den Steinkaulenberg nach Algenrodt, aber ich beschließe, bei der
Herde zu bleiben. Vorbei am Hasenhaus sind wir schnell in Tiefenstein.
Hier löst
sich die Gruppe auf, bis wir zu zweit die letzten Kilometer bis Idar vor uns
haben. Auf ein letztes Bier im Idarer Brauhaus müssen wir verzichten, denn es
hat momentan für ein paar Tage geschlossen.
Aber es ist
ja nicht so, dass wir am verdursten sind.
Noch ein
Glas Mineralwasser, duschen und dann muss ich mich um mein Bett kümmern, das emotionale
Zuneigung braucht.
Nach genau
35 Kilometern und 700 Höhenmetern hat sich mein Körper etwas Ruhe verdient. Gute
Nacht!
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