Mittwoch, 12. April 2017

Zum Meer

Ich mag das Meer, denn es fasziniert mich mit seiner Weite, Tiefe, Unbeständigkeit und Kraft.
Menschen leben von und mit ihm und fürchten doch seine zerstörerische Energie.
Eine schöne Welle wird am Ende zu einem Tsunami, der Todesopfer fordert und manch ein romantischer Bootsausflug wird zur gefährlichen Höllenfahrt, werden Richtung und Wetterlage falsch eingeschätzt.

Das Meer scheint unendlich - ein schillernder, vielseitiger Kosmos.
Auch wenn es von uns Menschen vermessen und kartographiert wurde, auch wenn wir längst Schiffe gebaut haben, die den schlimmsten Unwettern trotzen können – eine Seefahrt ist immer noch ein Abenteuer für mich.
Ich mag es, an der Reling zu stehen, mein Gesicht in den Wind zu halten und sehe gerne die Gischt bei starkem Wellengang.

Das Meer - ein Ort, an dem ich zu mir selbst finden kann, wenn mich Trauer, Verzweiflung oder Sorgen belasten. Vielleicht auch, weil ich mich von der Weite und Unendlichkeit tragen lassen kann und so in dieser Haltlosigkeit Halt finde.
Rückzug an einem Ort, an dem ich für mich bin. Unerreichbar für alle und alles... es kann und soll mir jetzt egal sein.
Ich bin nur für mich - und bei mir.
Dabei entdecke ich oft die Sehnsucht nach Abstand in mir. Warum nicht mal eine Pause einlegen, eine Unterbrechung herbeiführen, egal in welcher Art?
Wenn schon die Sehnsucht nach der einsamen Insel ein unerfüllbarer Traum ist, der auch nicht wirklich erstrebenswert ist, so habe ich doch kleinere realisierbare Möglichkeiten.
Sie stehen mir immer offen, wenn mir alles zu viel wird.
Es zieht mich dann aber auch wieder zurück, zurück zu den Menschen, Gott sei Dank!

Herbert Grönemeyer vermittelt mir dieses Gefühl in einer Liedzeile:
dreh dich um
dreh dich um
dreh dein Kreuz in den Sturm
geh gelöst, versöhnt, bestärkt,
selbstbefreit den Weg zum Meer.


"Dreh dich um" singt Grönemeyer. Das könnte heißen: Schau auf das, was hinter dir liegt.

"Dreh dich um": Schau nicht länger auf das Bittere im Leben. Lass das Schwere dort liegen - und dann kappe die Leinen, lasse los.

"Dreh dich um" kann dann heißen: Jetzt schau endlich nach vorn! Sieh in eine neue Richtung! Traue deiner Zukunft!
Das braucht Kraft und Mut, vor allem bei Gegenwind.

Und deshalb singt Grönemeyer: "Dreh dein Kreuz in den Sturm" - das verstehe ich so: Nutze die gegebenen Möglichkeiten, die eigenen Begabungen, eine stützende Familie, Freunde, Gemeinschaft.

"Dreh dein Kreuz in den Sturm" heißt auch: Nimm deinen Glauben ernst und die Kraft, die darin liegt.
Nutze alles, was Schwung gibt und weitertreibt, was trägt und dir hilft, nach vorne zu kommen.
Dazu gehören auch die bitteren Erfahrungen, Enttäuschungen und Schwierigkeiten, aus denen wir lernen.

"Dreh dein Kreuz in den Sturm" - damit wir mit großer Kraft vorankommen: Zu unserem eigenen Leben.

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