Letzte
Woche komme ich mal etwas früher von der Arbeit ("Überraschung,
Schatz!") und was finde ich vor?
Eine Gruppe
von Mittdreißigerinnen hockt in meinem Wohnzimmer, leider alle angezogen, meine
Herzdame mitten unter ihnen, und sie haben einen Halbkreis um eine
Mittdreißigerin gezogen, die neben sich ein Körbchen mit Plastikartikeln stehen
hat.
Jede der
Damen hat eine Kaffeetasse unseres besten Geschirrs vor sich stehen, dazu
unsere schweineteuren "Rosso-Bianco"-Gläser, sie knabbern MEINE
Salzstängelchen und futtern MEINE Süßigkeiten und haben ob meines Eintretens
einen erschrocken-gequälten Gesichtsausdruck.
Bis meine
Frau die Worte als erstes findet: "Hallo Schatz, das ist Frau Mesenkamp
(sie deutet auf die Lady mit den Plastikteilen), wir machen heute unsere
"Tupper-Party."
Ah ja.
Party. Ohne mich. Tupper. Verstehe. "Hallo, Frau Mesenkamp" grinse
ich die etwas verlegene Dame an. "Schön, sie kennen zu lernen. Darf ich
mich dazu setzen?"
Alle Mädels
öffnen den Mund, um "Nein" zu sagen, aber ich bin schneller und sitze
am Tisch, bevor eines der anwesenden Hühner reagieren kann.
"Na,
dann mal los!" ermuntere ich Frau Mesenkamp. Die hat einen verlegenen
Gesichtsausdruck, lächelt schamhaft und gibt jeder der anwesenden Hausfrauen
ein Plastikschüsselchen mit Deckel. Ich kriege auch eines und stelle es vor
mich hin.
"Das
ist zum Frischhalten von Lebensmitteln" erklärt Frau Mesenkamp bei der
Ausgabe. "Alles, was sie da rein füllen, wird bei Druck auf den Deckel
luftdicht verschlossen. So können sie Hühnersalat bis zu einer Woche frisch
aufbewahren."
"Oh,
ah ja" echot die Damenriege und macht die Deckelchen auf die Schüsselchen
und im Nu ist die Luft erfüllt mit poppenden Geräuschen, als die
hühnersalatleeren Plastikteilchen verschlossen und wieder geöffnet, wieder verschlossen
und wieder geöffnet werden. Ich lasse meine Hühnersalatschüssel zu und trommle
ein wenig auf dem Deckel herum.
Die
Sitzgruppe hingegen kann nicht genug vom Schüsselchen auf- und zumachen
bekommen.
"Praktisch"
meint meine Frau. "Oh ja" gibt ihr Frau Mesenkamp Recht.
"Tupperware
ist die erste Firma, die diesen luftdichten Verschluss entwickelt hat und ist
heute noch Marktführer auf dem Segment."
Nun, bisher
habe ich noch in keiner Börsenzeitschrift Kursnotierungen zum Segment
"luftdichte Essensaufbewahrungsplastikschälchen" gefunden, aber ich
will ja Frau Mesenkamp nicht widersprechen.
"Guck
mal, Schatz", jubelt meine Frau "praktisch, oder?"
"Sie
können Ihrem Mann da auch Essen ins Büro mitgeben" springt Frau Mesenkamp
bei, die wohl ahnt, was jetzt kommt...... vorsichtshalber setzt sie noch ein
"mein Mann macht das immer so" hinzu......
"Man
kann gut darauf trommeln" grinse ich sardonisch "aber der Tag, an dem
Du mir einen eine Woche alten Hühnersalat mit ins Büro gibst, wird der Tag
unserer Scheidung sein."
Ich wende
mich Frau Mesenkamp zu: "Was soll dieses Wunderwerk malaysischer
Spitzenkonservierungstechnologie denn kosten?"
Das Poppen
mit den Deckelchen hat aufgehört.
Die Damen schauen mich teils fragend, teils
feindselig an. Preisfragen stellen. Bei so einem Spitzenprodukt. Wie kann ich
nur......???
Frau
Mesenkamp, die meine Frage irrtümlich als Kaufsignal wertet, strahlt mich an
wie ein Christbaum "bei Abnahme von 10 Stück kostet Sie eine Schüssel gerade
mal 12 Euro...."
Wie? 12
Euro, damit ich von einem eine Woche alten Hühnersalat keinen Durchfall kriege?
Ich wiege die lauernd wartende Mesenkamp in Sicherheit: "Wie viel kostet
eine Schüssel, wenn ich Ihnen 20 Stück abnehme?"
"Oh"
sagt das Mesenkamp, da muss ich nachschauen"....
"Tun
sie das."
Und während
die Herrin der Schüsselchen nach ihrer Rabattliste kramt, starren die Mamis
ihre Gastgeberin mit einer Mischung aus Häme und Verachtung an.
20
Schüsselchen. Meine Frau blitzt mich zornig an und tritt mir unter dem Tisch
ans Schienbein.
Aber jetzt
gibt es kein Zurück.
"Naja,
Schatz, so oft, wie ich Reste essen muss...."
Hinten
kichert die Mutter des besten Freundes meines Sohnes und meine Gattin wechselt
die Gesichtsfarbe.
"Zehneurofünfundsiebzich"
piept Frau Mesenkamp aus der Kreismitte, aber jetzt geht es nicht mehr um den
Preis. Jetzt geht es um das Prestige meiner Lebenspartnerin als treusorgende
Ehefrau. "Wann hast Du je Reste essen müssen....?" zischt sie.
"Wann
hat es bei uns je Hühnersalat gegeben? Du kannst doch gar keinen machen"
gebe ich trotzig zurück und beschließe, die Situation weiter eskalieren zu
lassen - mit dem Satz, den jede Ehefrau nach "ich muss Dir was
gestehen" am meisten hasst: "Meine Mutter, die konnte Hühnersalat
machen, der war immer klasse."
"Willst
Du damit sagen, dass Dir mein Essen nicht schmeckt?"
Erneuter
Gesichtsfarbwechsel.
"Na ja, bei Dosenravioli kann man ja nicht viel
falsch machen" schlage ich zurück.
Allgemeines,
verhaltenes Kichern in der Runde. Nur Frau Mesenkamp schweigt und überlegt
sich, wie sie die Situation entschärfen und ihre Töpfchen doch noch an Mann und
Frau bringen könnte.
Aber sie
braucht zu lange!
"Mein
lieber Mann," die schneidende Stimme meint dabei das Gegenteil von
"lieber Mann", "ich
racker mich von früh bis spät ab und mache jedes Essen frisch und das weißt Du
auch!"
"Und warum willst Du dann
Tuppertöpfchen zum Frischhalten kaufen? Du widersprichst Dir doch selbst,
merkst Du das nicht?"
Frau
Mesenkamp hat gespannt, wohin das führt. Nix mit Töpfchenverkauf in der
Damenrunde. Schließlich will sich keine als Resteverwerterin outen.
Sie startet
einen letzten Versuch mit "man kann in den Schalen ja auch Kuchenteig
anrühren" aber ich blocke mit "meine Frau kann nur eines noch weniger
gut als Hühnersalat - das ist Kuchenbacken."
Das wars.
Meine Frau springt auf, heult, knallt zuerst mir eine und dann die Zimmertüre
zu und ist weg.
In die
peinliche Stille geben die anwesenden Ladys, die mich mittlerweile für das
größte Chauvischwein der Welt halten, ihre Töpfchen Frau Mesenkamp zurück,
diese sackt flugs wie ein Eichhörnchen ihren Ramsch ein, alles verabschiedet
sich mehr oder weniger murmelnd von mir, weil alle noch gaaaanz wichtige
Termine haben, ziehen im Gänsemarsch zur Tür und weg sind sie.
Frau
Mesenkamp und ihre Partygirls.
Und ich
klopfe mir auf die Schulter. Nichts bei Tupper gekauft!
Die Krankheit, alles Essbare in luftdichte Essenaufbewahrungsdosen aus Kunststoff zu verpacken, nennt man übrigens "Tupperkulose"