Nothing Else Matters
Langweiliges Telefonat führt zum Hit
Harte Jungs mit weichem Kern: Metallica
landeten 1991 mit der Monsterballade „Nothing Else Matters“ nicht nur ihren
größten Single-Erfolg, sie lieferten auch einen der seitdem beliebtesten
Hochzeitssongs.
Während der Aufnahmen des dazugehörigen „Black Albums“ gingen allerdings in der
Band drei Ehen in die Brüche...
Es ist die Metal-Ballade schlechthin. Ein
Klassiker der Rockgeschichte.
Nie zuvor haben so harte Jungs ein solch weiches Herz gezeigt.
So eine Nummer hat man der Band bis dahin nicht
zugetraut.
Wie viele berührende Songs entsteht auch “Nothing Else Matters” aus einer
betrübten Stimmung heraus.
James Hetfield, Sänger und Rhythmusgitarrist von Metallica, hat den Song allein im Hotelzimmer geschrieben, während er mit der Band 1989 auf Tour ist.
Hetfield hat einen melancholischen Abend. Nicht nur
seine Freundin fehlt ihm, er denkt auch an seinen kürzlich verstorbenen
Großvater.
“Nothing Else Matters”, “Nichts anderes zählt” sollen angeblich dessen letzte
Worte gewesen sein.
Das Telefon klingelt, er nimmt ab - die Gitarre hat er noch umhängen. Ein
langweiliges Telefonat. Die eine Hand am Hörer, fängt Hetfield an, mit der
freien Hand auf der Gitarre herum zu zupfen.
Ohne die linke Greifhand auf den Saiten ergibt sich die Tonart e-Moll bzw. der e-Moll-Akkord.
Nicht umsonst ist e-Moll aus rein praktischen Gründen
die am häufigsten vertretene Tonart. Die Grundstimmung der Gitarre liegt auf E,
und es bedarf nur minimaler Fingertechnik, um einen rund klingenden Grundakkord
e-Moll zu spielen.
Häufig wird dieser Tonart ein klagend-trauriger, mystischer Charakter nachgesagt.
Ob Hetfield möglicherweise an "Nights in White Satin" von den Moody
Blues gedacht hat? Der Song hat eine ähnliche Struktur. Auch er kreist um den
e-Moll Akkord, hat das gleiche Tempo und den gleichen Rhythmus.
Recht einfach gestrickt also, aber ihr hört selbst, was daraus geworden ist.
“So close, no matter how far”, “So nah, egal wie weit
entfernt” ist Ausdruck seiner Sehnsucht.
Diese gefühlsbetonte Seite ist eine völlig neue Facette des damals 26-jährigen.
Lars Ulrich, Interview von 2002:
„Ich hatte immer das Gefühl, das James ein liebevollerer, mitfühlenderer Mensch
war, als er sich zu zeigen traute.“
James Hetfield im Interview 2008:
„Indem man seine Schwächen zugibt, wird man stärker. Klingt komisch für einen
Mann, erst Recht für einen Heavy-Metal-Man, aber es stimmt.“
Hetfield steht zu seinen Gefühlen und beschließt, “Nothing Else Matters” mit Metallica zu veröffentlichen. Das schwarze Album, auf dem die Ballade enthalten ist, steigt 1991 in 10 Ländern auf Nummer 1 in den Charts ein und hat sich bis heute über 35 Millionen Mal verkauft. Damit gehören Metallica heute zu den kommerziell erfolgreichsten Metal-Bands auf diesem Planeten.
“Nothing Else Matters” erscheint im April 1992 als Singleauskopplung und es wird Metallicas größter Single-Erfolg.
Seitdem ist er einer der beliebtesten Hochzeitssongs, also wahrlich ein Liebeslied, das die Welt bewegt.
Bis zu diesem Erfolg sind Metallica eine typische
Metal-Formation. Gegründet 1981 in Los Angeles von Schlagzeuger Lars Ulrich und
Sänger James Hetfield gehören sie in den 80er Jahren dem Metal Underground an.
Ihre beiden Alben “Master Of Puppets” und “…And Justice For All” gehören zu den
besten ihres Genres.
Frühe Songs, wie Master Of Puppets, sind bis heute fester Bestandteil von
Metallicas Live-Shows.
Bis Ende der 90er Jahre lebt die Band den altbewährten
Rock ‘n’ Roll Lifestyle.
Alkohol, Partys, wechselnde Frauen daheim. Groupies auf Tour, Drogenexzesse,
das volle Programm.
2001 entscheidet sich James Hetfield, seine Alkohol-
und Drogensucht zu bekämpfen.
Er checkt in einer Entziehungsklinik ein, parallel zu den Aufnahmen des Albums
“St. Anger”.
Dieser Prozess führt zu vielen Konflikten in der Band, ungeschminkt festgehalten in dem sehr persönlichen Dokumentar-Kinofilm “Some Kind Of Monster”.
Fast drei Jahre begleiten die Filmemacher die Band auf
Schritt und Tritt. Dabei werden Konflikte gnadenlos offen dokumentiert.
Die größten Spannungen gibt es zwischen den beiden Bandköpfen Lars Ulrich und
James Hetfield. Die Band zögert, ob der Film überhaupt erscheinen soll.
Im Nachhinein bereut James Hetfield seine Entscheidung nicht.
James Hetfield, Interview von 2008:
„Natürlich wollte ich es nicht veröffentlicht haben. Es war mein absolut
hässlichstes Ich.
Ich wollte es nicht sehen und ich wollte ganz sicher nicht, dass andere es
sehen.
Ich habe es ein paar Mal angeschaut und das reicht. Das weiß ich, so will ich
nicht sein.
Aber ich bin froh, dass es passiert ist. Es ist ein gutes Spiegelbild.
Ich denke, jeder sollte so einen Film über sich machen.“
Heute ist James Hetfield clean und Metallica weiterhin das Aushängeschild des Heavy Metals – nicht zuletzt dank dieser gefühlvollen Liebesballade mit Sogwirkung, die nicht nur Metalfans begeistert… “und nichts anderes zählt”… “nothing else matters.”
https://timorisch.blogspot.com/2015/11/musik-die-bewegt-teil-6.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen