Samstag, 17. Juni 2017

Eine Kirche ohne Dorf

Samstag, 17. Juni 2017:
Jeder kennt sicher den Satz "Lass die Kirche im Dorf."
Im Soonwald hat man sich sprichwörtlich daran gehalten.

Bei der heutigen Rennrad-Tour ging es zu einer Kirche ohne Dorf, denn dieses wurde Opfer des Kalten Krieges.

Vom Marktplatz Idar führt die Strecke zunächst über Tiefenstein, Kirschweiler, Katzenloch, Kempfeld und Bruchweiler nach Schauren. Vorbei am Steinbruch Kappelbach geht es weiter über Stipshausen, Rhaunen, Hausen, Woppenroth, Schlierschied, Gemünden und Sargenroth nach Tiefenbach, wo wir die K57 verlassen und der höchsten den Soonwald überquerenden Passstraße (L108) folgen, die Tiefenbach im Norden mit Winterburg im Süden verbindet.
Ein paar Serpentinen und Höhenmeter später steht man am nahe der höchsten Stelle liegenden Parkplatz auf 629 Meter. Von hier ist es nicht weit zur Ellerspring, der mit 657,5 m ü. NHN höchsten Erhebung des Soonwaldes.
Etwa 40 Meter nordöstlich des Ellerspringgipfels steht der Fernmeldeturm Ellerspring, der sich als weithin sichtbare Landmarke 107 Meter hoch in den Himmel streckt.
Jetzt folgt die Abfahrt zum Winterbacher Ortsteil Kreershäuschen, wo sich das Cafe & Restaurant "Malepartus" zur Einkehr anbietet.


Im nächsten Ort gibt es etwas zu bestaunen, denn in Gebroth, dem im südlichen Hunsrück am Ellerbach gelegenen Dorf, fühlt sich seit über 90 Jahren wieder ein Storch wohl.
Im Jahr 2010 stellte Rolf Merg einen Telegrafenmast mit Nistmöglichkeit nahe seiner Fruchtkellerei auf.
Nach vier Jahren bezog dann Storch Conrad das Nest.
Ein Jahr später brachte er seine erste Frau, Emma-Margarete, mit und so gab es im Sommer 2015 den ersten Storchennachwuchs, der auf den Namen "Heimat 1" getauft wurde.
Das zweite Küken überlebte das Gewitter am 17. Juni nicht.

Über Allenfeld und Daubach folgen wir der Route Richtung Industriepark Pferdsfeld. Südlich davon befindet sich die Wüstung Eckweiler, das Ziel der Fahrt. Einsam und in einer etwas verwunschen wirkenden Landschaft steht die Kirche "Heilig-Kreuz" in dem ehemaligen Dorf Eckweiler. Erbaut im 15. Jahrhundert, ist sie – neben dem Friedhof – das einzige Überbleibsel eines Ortes, der Ende der 70er Jahre umgesiedelt wurde.


Nur wenige Meter entfernt von Eckweiler lag früher der NATO-Flugplatz Pferdsfeld, der bis ca. 1960 von der US-Air-Force und danach bis 1997 von der Bundeswehr genutzt wurde.
Die 350 Einwohner mussten im Zuge der Umrüstung auf die F-4 Phantom wegen des Fluglärms und der Gefahr eines Flugzeugabsturzes innerhalb der Einflugschneise ihr Dorf verlassen.
Der Beschluss hierzu wurde 1976 gefasst. Am 10. Juni 1979 wurde die Gemeinde Eckweiler aufgelöst und existierte bis zur Einebnung 1981/82 als Geisterdorf weiter.
Die Kirche Heilig-Kreuz blieb erhalten, weil sie unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Neben Eckweiler traf es auch die Orte Pferdsfeld und Rehbach, deren Einwohner ihre Heimat verloren. Traurige Ironie des Schicksals: Nur 10 Jahre nach der Auflösung Eckweilers und 5 Jahre nachdem das letzte Haus dem Erdboden gleichgemacht wurde, erachtete man Infolge der Veränderungen der politischen Lage nach dem Mauerfall 1989 den Standort Pferdsfeld als nicht mehr notwendig.

Wo früher Häuser standen, gibt es nun nur noch grüne Wiesen und Felder. Nichts mehr ist zu hören vom Lärm der damals hier stationierten F-4 Phantom, dem lautesten Kampfflugzeug der Bundeswehr.
Das Areal des ehemaligen Flugplatzgeländes wird heute unterschiedlich genutzt. Man findet dort u.a. den größten rheinland-pfälzischen Solarpark sowie das Test- und Eventzentrum der Adam Opel AG.

Ist man schon mal hier, bindet man noch den damaligen Ort Pferdsfeld mit ein, in dem 1897 der Pfarrersohn Paul Schneider geboren wurde. Die Nazis ermordeten den "Prediger von Buchenwald", wie ihn später seine Mithäftlinge nannten, im Juli 1939 im KZ Buchenwald.
Zurück führt die Strecke über Kallweiler, Waldfriede, Seesbach und Brauweiler ins Kellenbachtal. Weiter über Simmertal, Hochstetten-Dhaun, Kirn, Weierbach, Nahbollenach und Oberstein nach Idar.


Weitere Informationen, Fotos und GPS-Dateien unter:
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=lmhxvjgvoddufvja

Donnerstag, 15. Juni 2017

Bin nicht da, denn ich bin mich besuchen

"Ich bin nicht da, bin mich suchen gegangen. Wenn ich wieder da bin bevor ich zurück komme, sagt mir, ich soll auf mich warten."
Diesen Satz habe ich kürzlich gelesen, aber besser noch gefällt mir die Abwandlung, die zusammen mit dem Text auf der Homepage des Bistums Trier zu finden ist:
"Bin nicht da, denn ich bin mich besuchen. Wenn ich noch nicht zurück sein sollte, wenn ich komme, sag ich Bescheid, damit ich warte, bis ich wieder da bin."

Also ehrlich, die Sätze habe ich zweimal lesen müssen, bevor ich genau wusste, was damit gemeint ist.

"
Bin nicht da, denn ich bin mich besuchen.
" Da ist also einer weggegangen, weil er sich selbst besuchen will. Anscheinend ist er gar nicht da, wo er sich eigentlich aufhält.

Ja, so was kenne ich auch von mir selbst. Wenn ich Dinge erledigen muss, die mich nicht interessieren.
Wenn ich eigentlich mit dem Herzen und mit meinen Gedanken ganz woanders bin.
Es kann ganz schön nervig und stressig sein, wenn man heute im normalen Arbeitsalltag drei Dinge gleichzeitig erledigen soll. Und da, wo heute nur noch zwei Leute sitzen an Stelle von vier, da sorgt die so genannte "Arbeitsverdichtung" auch nicht unbedingt für ein entspanntes Arbeiten.

Ganz bei einer Sache bleiben, etwas in Ruhe erledigen, sich konzentrieren können, das ist bei vielen Menschen kaum noch drin. In den "Workflow" kommen nennt man das neudeutsch.
Da braucht man schon eine gehörige Portion Selbstdisziplin.

Die alten griechischen Lehrer der Lebenskunst, die Philosophen, kannten das Problem und entwickelten ein Lebenskonzept innerer Freiheit durch Selbstdistanz.
"Bin nicht da, bin mich besuchen."
"Apathia" nannten sie es, die Freiheit von ungeordneten Antrieben und Gedanken. Sie wollten, dass das Leben in einen "Wohl-Fluss" gelangt, so wie bei einem ruhig dahinfließenden Wasserlauf.

Erreichen sollte man diesen "Flow" durch eine Haltung tiefer Seelenstärke und innerer Unerschütterlichkeit. Wer die gefunden hat, der kann tatsächlich immer wieder in Ruhe darauf warten, bis er "wieder da ist".

Aber wie kommt man zu dieser Haltung? Für die alten Griechen ging es um ein Vertrauen in die Vernunft und die göttliche Weltordnung.
Mit dem Christentum kommt ein Gott mit ins Spiel, der mich an der Hand nimmt und ganz einfach sagt: "Alles wird einmal gut werden. Vertrau darauf!" Ich weiß, dass das sehr schwer zu glauben ist. Oft zweifele ich selbst daran, aber das spielt keine Rolle.
Was das hier und jetzt heißen kann, hat Jesus seinen gestressten Jüngern einmal handfest vorgemacht. Zu lesen in der Bibel, Buch Markus, Kapitel 6, Vers 31:
"Kommt mit an einen einsamen Ort und ruht ein wenig aus" (Mk 6, 31).
 

Ein schönes Bild. Er zeigt mir einen Platz zum Ausruhen, er gibt mir die Zeit zu warten, bis ich wieder da bin.

Sonntag, 4. Juni 2017

Ist da jemand?

Wenn der Himmel ohne Farben ist, schaust du nach oben und manchmal fragst du dich: Ist da jemand, der mein Herz versteht? Und der mit mir bis ans Ende geht? Ist da jemand?“

Adel Tawil stellt diese Fragen in seinem Lied und hat sicher einen Menschen im Blick, den er als Partner und Wegbegleiter sucht.

„Ist da jemand?“

Ich denke, es gibt viele Menschen, die sich diese Frage stellen: „Ist da jemand?“.
Gibt es jemanden, der für diejenigen da ist, deren Himmel ohne Farben ist?
Deren Welt zerbrochen ist, weil sie einen Menschen oder den Arbeitsplatz verloren haben, weil ihre Beziehung, ihr Lebensplan, ihre Hoffnung gescheitert ist?

„Wenn der Himmel ohne Farben ist, schaust du nach oben und manchmal fragst du dich: Ist da jemand, der mein Herz versteht?“

Es braucht einen Menschen, der versteht, was in diesen Herzen vorgeht. Der die Schatten auf den Seelen kennt und an die Menschen glaubt, auch wenn andere es nicht mehr tun.

„Ist da jemand?“

Am Ende seines Liedes nimmt die Suche von Adel Tawil eine Wende:

„Wenn man nicht mehr danach sucht, kommt so vieles von allein“.

Vielleicht ist das die Überraschung: Dann, wenn man nicht mehr sucht, kommt es von alleine: In den Menschen, die einfach da sind, wenn man sie braucht, die an einen glauben, wenn keiner es mehr tut, die bis zum Ende mitgehen.