Dienstag, 29. September 2015

Gipfel im Rausch der Sinne

Sonntag, 27. September 2015:
Wer an diesem traumhaften Tag nicht die Schönheit der Natur genießt, tut mir leid.
Eine Freundin gab am 22. September den Anstoß dazu, mal wieder gemeinsam wandern zu gehen. Seitdem stieg die Vorfreude darauf täglich, ja fast stündlich.
Zur Begrüßung bekomme ich zwei selbstgebackene XXL-Muffins geschenkt, die - wie ich später feststellen werde - ganz ausgezeichnet schmecken. Luftig, locker, nicht zu trocken und auch nicht zu süß - genau mein Geschmack.
Unsere Entscheidung fiel auf die noch in der Zertifizierungsphase befindliche Traumschleife „Gipfelrauschen“ und so machen wir uns auf den Weg zum Waldparkplatz oberhalb des Hunsrückhauses am Fuße des Erbeskopfes.
Noch schnell die Wanderschuhe schnüren und schon starten wir. Für mich ist es die erste Herbstwanderung in diesem Jahr.

Ein paar Schritte später, ein Blick nach links, und wir werden vom Erbeskopfgipfel mit seiner imposanten Aussichtsskulptur „Windklang“ begrüßt.
Gleich zu Beginn geht es steil bergauf. Parallel zur Skipiste führt ein Pfad durch Nadelwald. Einige Menschen nutzen die links des Weges gelegene Sommerrodelbahn.
Nach 250 Metern verlassen wir den Wald nach rechts und wandern weiter parallel zur Piste den Gipfel hinauf. Die Sonne wärmt uns und so nehmen wir auf einer Sinnesbank Platz, genießen die Aussicht und setzen unsere Gespräche fort.

Wir haben uns auf den Tag genau 20 Wochen nicht gesehen und doch beschleicht mich bei jedem Treffen das vertraute Gefühl, das auch dann besteht, wenn man sich lange Zeit nicht gesehen und keinen direkten Kontakt hatte… das Gefühl, als sei man nie fort gewesen. Es macht gute Freundschaft aus, wenn man weiß, über alles reden zu können. Ob man es dann tatsächlich ausspricht, ist dabei gar nicht so wichtig. Nähe ist eben nicht immer eine Frage der Entfernung.

Es sind einige Menschen unterwegs und auch der Bogenparcours ist gut besucht.
Nach 800 Metern Wegstrecke und knapp 130 Höhenmetern erreichen wir den Gipfel.
Oben angekommen bietet sich uns von der Aussichtsplattform ein toller Fernblick über die Hunsrücklandschaft und das Moseltal bis in die Eifel hinein.
Der Erbeskopf in den Landkreisen Bernkastel-Wittlich und Birkenfeld ist mit 816 m ü. NN der höchste Berg im Hunsrück, im Landkreis Bernkastel-Wittlich und in Rheinland-Pfalz sowie die höchste deutsche linksrheinische Erhebung.

Auf dem Gipfelplateau fällt mein Blick nach links auf die Radarstation.
Amerikanische Truppen besetzten am 17. März 1945 den Erbeskopf. Sie erweiterten die militärische Nutzung erheblich und überwachten den gesamten militärischen Flugverkehr bis tief ins Gebiet der damaligen Sowjetunion. Drei große Radartürme sowie der nach 1960 unter dem Südhang des Erbeskopfes erbaute Kommandobunker Börfink, genannt „Bunker Erwin“, mit dem Kriegshauptquartier Europa Mitte dienten der NATO-Strategie als multinationale Gefechtsstelle im Kalten Krieg.

Vom „Bunker Erwin“ wurde die Luftraumüberwachung Mitteleuropas gesteuert.
Augen und Ohren des Kommandobunkers waren neben dem Radar auf dem Erbeskopfgipfel auch die Funkanlagen auf dem Ruppelstein und Sandkopf, die alle durch die Pfaffenstraße miteinander verbunden sind.

Die Station dient auch heute noch der Bundeswehr zur Luftraumüberwachung.

Ein paar Meter weiter rechts des Weges ist der 1971 knapp außerhalb des militärischen Sperrgebietes errichtete Aussichtsturm Erbeskopf (Erbeskopfturm) zu sehen. Die 11 Meter hohe Holzkonstruktion mit drei Plattformen ist leider gesperrt und so müssen wir auf den Ausblick von der oberen Hauptaussichtsplattform verzichten.

Ursprünglich stand an der Stelle des heutigen Aussichtsturms ein vom Mosel-Hochwald-Hunsrückverein (heute Hunsrückverein) errichteter, am 8. September 1901 eingeweihter, 23 Meter hoher und aus Stein bestehender Kaiser-Wilhelm-Turm. Nach 60 Jahren wurde er am 18. August 1961 gesprengt, weil er den militärischen Radarrundblick behinderte.
Über das Gipfelplateau setzen wir unseren Weg fort und erleben die idyllische, urige Landschaft des Nationalparks Hunsrück-Hochwald.
Immer wieder ziehen mich die Anblicke abgestorbener Baumstümpfe und bemooster Bäume in ihren Bann. Wir durchwandern die sich abwechselnden Gras-, Farn- und Moosflächen bei perfektem Wetter. Einvernehmen herrscht zwischen mir und meiner hübschen, netten und einzigartigen Begleiterin auch in Sachen Wohlfühltemperatur. Die liegt für uns bei 20 bis 25 Grad… wärmer braucht kein Mensch.

Hin und wieder weisen Schilder des Bogenparcours darauf hin, die markierten Wege nicht zu verlassen. Ganz lösen kann ich mich nicht von dem mulmigen Gefühl und denke über das Wort „Bogenschießen“ nach, das mich schon eine Zeit lang beschäftigt. Es müssen wahre Könner sein, die es schaffen, im Bogen zu schießen… manche Menschen bringen es nicht mal fertig, den Pfeil geradeaus ins Ziel zu befördern.

Ein kleiner verschlungener Pfad, auf dem uns eine geheimnisvolle Atmosphäre umgibt, überrascht uns. Hier fühlt man sich ein bisschen wie im Märchenwald.
Die letzte Etappe führt über Waldwege bevor wir nach sieben Kilometern am Ausgangspunkt angekommen sind. Hier befindet sich der Waldseilklettergarten „HighLive“, dem wir noch ein paar Minuten Aufmerksamkeit schenken. Sieht interessant aus – sicher nicht ganz einfach, aber bestimmt einen Ausflug wert, also ab damit auf die To-Do-Liste.

Mit An- und Abfahrt haben wir nur drei Stunden gebraucht. Kein Wunder, gehen wir doch beide ein strammes Tempo. Gerne wäre ich noch länger geblieben – solche Momente sind leider viel zu schnell vorüber. Im Rausch der Sinne ist meine Kamera leider völlig in Vergessenheit geraten und so ist an diesem Tag kein einziges Foto entstanden.
Update am 02. Oktober: Fotos nachgeholt

Weitere Informationen, Fotos und GPS-Dateien unter
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=katmvwlkdlowegdz

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