Montag, 1. August 2016

Mein Leben als Hybrid-Mensch

Mein Leben - etwa die Hälfte davon habe ich analog gelebt.
Im Wohnzimmer meiner Eltern stand ein dickes Lexikon.
Wenn ich eine Telefonnummer gebraucht habe, musste ich im Telefonbuch suchen.
Zuhause haben wir „Vier gewinnt“, „Spiel des Lebens“ oder „Monopoly“ gespielt, und wenn wir in Urlaub fuhren, hat mein Vater vorher die Straßenkarten studiert und die beste Route rausgesucht.


Dann kamen Internet und Mobiltelefone. „Düdeldü“ hörte man damals das Modem. Mein erstes Mobiltelefon hatte noch eine ausziehbare Antenne und ein zweifarbiges Display. Wir surften mit einem 56k-Modem, Internetseiten bauten sich zeilenweise auf und wer morgens völlig übermüdet wie ein Zombie durch die Gegend lief, war schnell entlarvt. Klar, er saß nachts am PC, weil Telefongebühren und Strom um diese Zeit günstiger waren… Flatrate? Smartphones? Fehlanzeige!
Aber die Entwicklung ging schnell - rasend schnell.


Seit mein digitales Leben begonnen hat, ist alles anders. Seitdem logge ich ein, sende, empfange, klicke, scrolle, like, teile. Wenn ich drei Balken habe, dann bin ich drin, kann alles abrufen, bin mit allen vernetzt und bekomme jede Information innerhalb weniger Klicks.

Nun ist auch noch die vielbeschworene Apple-Watch erhältlich. Mit dieser Uhr kann man auch Termine und Mails checken. Bald soll man sogar an der Kasse damit zahlen oder seine Gesundheitsdaten erfassen können. Die digitale Welt hält Einzug am Handgelenk. Nun muss jeder selbst entscheiden, welche Uhr er tragen und auf was er sich einlassen möchte oder nicht.


Und trotz der Vorteile des digitalen Lebens genieße ich auch ab und an die Einsamkeit der analogen Welt.
Das Funkloch, das mich dazu zwingt, abzuschalten, die Plätze, an denen online nichts geht. Kein Internet, kein WhatsApp, keine Verbindung.
Weil es nicht geht, weil es verboten ist, oder weil es sich nicht gehört. Im Flugzeug, im Hallenbad, im Kino, in der Kirche.

Ich bin froh, so ein Hybrid-Mensch zu sein. Dass ich auch noch die analoge Welt kenne, dass es eine Zeit vor dem „Düdeldü“ gab, an die ich mich ab und zu auch noch gerne erinnere.

Ich finde Internet und Smartphones gut und sie gehören zu meinem Leben, aber sie sind nicht mein Leben, denn das kann sich nur in der analogen Welt abspielen.
Hauptsache, alles hat seine Zeit. Und mein Leben wird nicht nur vom Takt der Uhr oder den Nachrichten auf dem Display bestimmt, sondern ich kann Zeit als Geschenk erleben.

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