Sonntag, 22. November 2015

Deep Purple In Concert


20. November 2015:
Erstmals seit zwei Jahren kommen Deep Purple wieder auf Gastspielreise nach Deutschland! Zwischen dem 13. und 28. November 2015 wird die Hardrock-Legende in zwölf Städten auftreten. Die Chancen stehen gut, dass Sänger Ian Gillan, Schlagzeuger Ian Paice, Bassist Roger Glover, Gitarrist Steve Morse und Keyboarder Don Airey bis zum deutschen Tourstart ihr zwanzigstes Studio-Album fertiggestellt haben werden.
Deep Purple 2015: Airey, Morse, Gillan, Paice, Glover

Heute mache ich mich auf den Weg zur Arena Trier.
62 km liegen vor mir und meinem Wagen. Während der Fahrt höre ich natürlich KEIN Deep Purple, sondern befasse mich in Gedanken mit der Geschichte der im April 1968 gegründeten Band, die während ihrer knapp vierzig aktiven Jahre von häufigem Personalwechsel geprägt war, sodass sie zumeist nur wenige Jahre aus denselben Mitgliedern bestand.

Viele stilbildende und erfolgreiche Bands sowie Musiker der 80er und 90er Jahre aus dem Bereich des Rock, Metal und New Wave of British Heavy Metal wie Queen, Iron Maiden, Aerosmith, Van Halen, Judas Priest, Europe, Yngwie Malmsteen, Ronnie James Dio, Metallica, Def Leppard, Alice in Chains, Pantera, Bon Jovi, Rush, Venom und Motörhead, bekunden den wesentlichen Einfluss der Musik der Band für ihre eigene musikalische Entwicklung entweder explizit in Interviews oder indirekt in ihrer Musik.
Ein Liveauftritt von Deep Purple, und hier in erster Linie der von Ritchie Blackmore, war auch der entscheidende Punkt für Lars Ulrich, Musiker zu werden.

Die Musik von Deep Purple ist vor allem durch den E-Gitarren-Sound und das Hammond-Orgelspiel geprägt.

Mit elf Jahren zupfte Ritchie Blackmore, Gründungsmitglied der Band, sowie später auch von Rainbow, seine erste Gitarre. Sein Unterricht in klassischer Musik hat seinen Stil beeinflusst. Die Verbindung zur Band bestand aus Höhen und Tiefen. Erste Trennung 1976, die endgültige folgte 1993.
Längst hat sich der ehemalige Deep-Purple-Gitarrist der Musik des Mittelalters verschrieben. Mit seiner vierten und wesentlich jüngeren Frau, Candice Night, spielt der 70-jährige Brite Renaissancerock und gründete die Band mit dem äußerst treffenden Namen „Blackmore’s Night“, was deutlich besser klingt als Night’s Blackmore.


David Coverdale
, ehemaliger Deep Purple-Sänger von 1973 bis 1976, gründete 1978 Whitesnake - eine Band, deren Musik ich auch schon immer gerne gehört habe. Später stößt auch Jon Lord als Keyboarder dazu.

Die Fahrt nach Trier strengt ein wenig an. Dunkelheit, Regen und Temperaturen um den Gefrierpunkt fordern erhöhte Aufmerksamkeit. Das Licht der Scheinwerfer sucht einen Weg durch den Nebel, der sich gerade beim Erbeskopf besonders dicht zeigt.
Zum sonoren Klang meines treuen Reihen-Sechszylinders mischen sich das Abrollgeräusch der Reifen sowie das Prasseln der Regentropfen.

Von der Wohnung meines Bruders und meiner Schwägerin sind es nur ein paar Minuten mit dem Auto zur Arena. Fünf Personen sind wir heute Abend, zwei davon eingefleischte Fans, die schon unzählige Konzerte ihrer Idole besucht haben. Sie kommen von Rostock und Hannover. Trier ist nun die dritte Location innerhalb weniger Tage. Durch sie kommen wir auch zu unseren Freikarten inkl. Backstage-Pass.
Am Eingang müssen wir knapp 30 Minuten warten, da eine Karte fehlt. Na ja, dafür dass man immerhin 62 Euro spart, nimmt man das gerne im Kauf. Im Foyer hören wir die Vorband RIVAL SONS, die seit 20:00 Uhr spielen.
Während der Pause suchen wir uns einen guten Platz in der Mitte der Halle direkt vor dem Gitter, das Ton- und Lichttechniker umgibt.
Um ca. 21:15 Uhr startet das Spektakel mit dem Opener Highway Star.
Fasziniert bin ich besonders von den Soli der Musiker, beginnend mit dem von Ian Paice, der als einer der besten und einflussreichsten Rockschlagzeuger gilt und zwischendurch bei Whitesnake und Gary Moore tätig war, über Don Aireys virtuoses Fingerspiel an der HAMMOND-Orgel bis zu Steve Morse.
Wenn ich noch einmal geboren werde, lerne ich E-Gitarre. Ein Instrument, das mich wie kein anderes verzaubert.
Spätestens seit seinem Beitritt zu Deep Purple Mitte der 90er Jahre dürfte der amerikanische Ausnahmemusiker Steve Morse auch der breiteren Masse als vollwertiger Ersatz für den bisherigen Purple-Gitarristen Ritchie Blackmore bekannt geworden sein. Doch Morse auf die Gitarrenarbeit bei Deep Purple zu reduzieren wäre geradezu vermessen: Sein virtuos-ausdrucksstarkes Gitarrenspiel beeinflusst nun schon seit über dreißig Jahren ganze Generationen von Gitarristen - und ein Ende ist nicht abzusehen. Denn neben seiner Hauptbeschäftigung als Gitarrist und Songwriter für den Rockgiganten ist er ebenso immer noch aktiv mit seinen eigenen Formationen, wie z.B. der „Steve Morse Band“.
Der Einstieg bei den Kult-Hardrockern erhöhte den Bekanntheitsgrad des Gitarristen enorm. Doch Kenner der Szene wissen: Schon in den 70er und 80er Jahren verzückte der Ausnahmegitarrero die Fans mit seiner schier unglaublichen Fingerakrobatik und Energie. Seine Arbeit mit den Dixie Dregs ist legendär und auch Steves diverse Soloalben sollten zum Bestand jeder gut sortierten Rock-Plattensammlung gehören.
Stilistisch ließ Mr. Morse sich eigentlich nie wirklich festlegen. Er ist einer der vielseitigsten Gitarristen der Welt, und so wundert es sicher niemanden, dass ein Gitarrist von seinem Kaliber auch ein ihm ebenbürtiges Instrument benötigt.
Um seine Ansprüche an ein Instrument zu befriedigen, konnte es nur einen Weg geben: Ein Signature-Modell musste her - genau auf ihn abgestimmt, aus edelsten Materialien gefertigt, ausgestattet mit einem enormem Soundspektrum und einer hervorragenden Bespielbarkeit. Die Zusammenarbeit mit den Spezialisten der kalifornischen Instrumentenschmiede Ernie Ball/Music Man brachte eines der flexibelsten Gitarrenkonzepte hervor, das die Welt je gesehen hat: Das Music Man Steve Morse Signature-Modell.
Morse zeigt auch heute seine ungewöhnlichen Spieltechniken wie „Chicken Picking“ oder Harp Harmonics, um ein variantenreicheres Klangspektrum zu erzeugen. Auch nutzt er bei seinem Solo das Volumenpoti seiner Gitarre, um einen geigenähnlichen Effekt zu erzielen. Meinen Blick kann ich nicht von ihm lösen. Die abgenutzte Gitarre, die wortwörtlich „abgerockt“ aussieht, bleibt mir im Gedächtnis.
 

Man kann die Leidenschaft all dieser Vollblut-Musiker hören, sehen und fühlen… ein besonderes Erlebnis.
Die Halle ist gut gefüllt, aber es kommt zu keiner Zeit das Gefühl von Enge auf.

Von Ritchie Blackmore stammt das wohl bekannteste Gitarren-Riff der Rock-Geschichte. Heute hören wir es von eben diesem Steve Morse:

"Wir gingen nach Montreux ans Ufer des Genfersees ... hatten aber nicht viel Zeit",
erzählen Deep Purple zu Beginn ihres bekanntesten Songs.
Erst belegt Frank Zappa das Casino, in dem sie aufnehmen sollen, dann fällt es auch noch den Flammen zum Opfer.
Mit dem ausgeliehenen mobilen Soundequipment der Rolling Stones nehmen sie das Album "Machinehead" kurzerhand im Keller ihres Hotels auf.
Dieser Brand in Montreux vom 4. Dezember 1971 inspirierte die Gruppe zu ihrem Welthit. Er erzählt die Geschichte eben dieser Ereignisse, als während des Konzertes von Frank Zappa das Casino völlig niederbrannte. Angeblich hatte ein Fan mit einer Signalpistole an die Decke des Konzertsaals geschossen („some stupid with a flare gun“ heißt es im Text).
Der Titel des Songs bezieht sich auf den Rauch, der sich über dem Genfersee ausbreitete und der von den Musikern in ihrem Hotel beobachtet wurde: "Smoke On The Water" eben.
Damit schaffen Deep Purple die bekannteste Hardrock-Hymne neben Black Sabbaths "Paranoid" und Led Zeppelins "Stairway To Heaven". Die drei Bands gelten als Gründer des Genres und kommen oft im gleichen Satz vor.


Zwei Stunden und ein paar Zugaben später ist der Zauber leider vorbei. Während sich die Halle leert, sammeln wir uns an der Bühne, um in den Backstage-Bereich zu gelangen.
Hier treffen wir Don Airey und Roger Glover.

Roger mit Julia
Der Rest der Band zeigt sich so gut wie nie nach Konzerten. Bereitwillig geben die beiden Autogramme, lassen sich fotografieren und in Gespräche verwickeln. Aus der Kühlung schnappe ich mir eine Flasche BECK’S, die es hier gratis gibt – so lange der (große) Vorrat reicht.
Da mein Bruder seine Flippers-CD vergessen hat, nutze ich die Gelegenheit, das Cover eines meiner Deep-Purple-Alben signieren zu lassen – die Eintrittskarte sowieso. Später erscheint noch Ian Paice, der ebenfalls sehr zugänglich ist, allerdings nicht lange bleibt.

Irgendwann sind wir mit Roger Glover und seinem Rotweinglas allein. Er lädt uns ein, mit in die Künstlerumkleide zu kommen und so folgen wir ihm in den VIP-Bereich, in dem noch zwei RIVAL SONS sitzen.
Roger scheint es zu gefallen, dass wir ihn nicht mit Fragen löchern… „was war dein schönstes und was dein schlimmstes Erlebnis“ und dieses 08/15-Gelaber. Wir lassen ihn erzählen, was er möchte. Ein Buffet mit allerlei Leckereien sowie Bier, Rotwein und Whisky laden uns ein.
Wäre es in dieser Situation unhöflich, sich mit ein paar Melonenstückchen auf die Couch zu setzen, den Fernseher einzuschalten und Teleshopping zu schauen?
Morse oder Glover?

Eine Frage beschäftigt meinen Bruder und mich… Steve Morse trug während des Konzerts an seiner rechten Hand einen schwarzen, fingerlosen Handschuh…somit hätte ja er den Namen „Glover“ verdient.
Man sieht, unser Humor ist sehr simpel: Wenn wir lachen, war es lustig.


Apropos Glover… Roger unterhält sich angeregt mit Julia. Als wir uns wenig später verabschieden, lassen wir sie zurück… bei ihm ist sie sicher in guten Händen.
Auf der Heimfahrt geht es deutlich entspannter vonstatten. Kein Verkehr, kein Regen, kein Nebel – wunderbar.
Ich lasse den schönen Abend Revue passieren. Gerne hätte ich Child in Time gehört, doch das Stück wird seit 1995 nicht mehr regelmäßig aufgeführt; zum letzten Mal wurde es 2002 live gespielt. Gillan nennt dafür persönliche Gründe; Hauptgrund ist laut seiner eigenen Angabe jedoch die Tatsache, dass durch die langen Schrei-Passagen des Stückes seine Stimme leidet und dies auf Kosten seines gesamten Gesangs geht.


Mir kommt noch der Gedanke, eine Rarität bei ebay an den Mann bzw. die Frau zu bringen… das Original „SMOKE ON THE WATER“: Einfach ein leeres Glas mit Schraubdeckel zu 1/3 mit Wasser aus irgendeinem See füllen und Rauch vom nächsten Grill- oder Lagerfeuer nehmen… Deckel zu und fertig ist das seltene Sammlerstück.


Meine Gedanken bringen mich zur Textzeile „The echoes of the amplifiers ringin' in your head”… die Verstärker klingen in meinem Kopf nach, obwohl ich mich nicht auf einem langen, einsamen Highway, östlich von Omaha befinde… und so springe ich auf meiner CD zu dem von METALLICA gecoverten Song TURN THE PAGE, das im Original von Bob Seger stammt.

Im Gedächtnis geblieben sind mir ebenfalls die tollen Auftritte von SKOL (www.skol-rock.de).
Die Band um Ausnahme-Gitarrist Tobias Frühauf und Sänger Martin Niegisch (später Jens Wawrock) boten ihrem Publikum schon immer tollen Live-Sound und bringen die Legends of Rock druckvoll, authentisch und energiegeladen auf die Bühne. Der Klang von Saschas Diepmans’ Original Hammond-B-3 (A-100)-Orgel in Verbindung mit einem Leslie-Lautsprechersystem verzaubern und Andreas Heub-Schneider am Bass sowie Peter Kuhn am Schlagzeug runden das besondere Erlebnis ab. Gekonnt eingesetzte Improvisationen und selbstkreierte Interpretationen machen den eigenen und einzigartigen Charakter der Band aus und SKOL somit zu mehr als nur einer Coverband.
Titel von Deep Purple waren schon immer fester Bestandteil ihrer Playlist, wie Black Night, Child In Time, Highway Star, Hush, Mistreated, Perfect Strangers, Pictures Of Home, Smoke On The Water und When A Blind Man Cries.

Zu Hause angekommen dusche ich, genieße mein Feierabend-Bier und falle müde ins Bett.

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